RATG E B E R U N D W O H N E N 11 Der Ton macht die Musik: Wie aus Fremden Nachbarn werden Funktionierende Hausgemeinschaften sind eine tolle Sache. Man kennt sich, kümmert sich und sorgt gemeinsam dafür, dass sich alle wohlfühlen. Doch gerade wenn neue Menschen hinzuziehen, die einen anderen Tagesrhythmus, andere Prioritäten und vielleicht sogar eine andere Nationalität besitzen, redet man weniger miteinander. Probleme werden dann häufig nicht mehr angesprochen, sondern direkt an uns weitergereicht. Dabei kann mit Toleranz, Rücksichtnahme und einem freundlichen Wort viel mehr erreicht werden. Es gibt viele Gründe, sich über die Nachbarn zu ärgern. Die Musik ist zu laut, das Treppenhaus ist nicht richtig gewischt und die Mülltrennung funkti- oniert auch nicht. Als Vermieter haben wir für derlei Angelegenheiten natür- lich ein offenes Ohr, nur können wir aus der Ferne nicht immer eine optimale Lösung herbeizaubern. In vielen unserer Häuser greift bei sol- chen Problemen ein erprobtes Mittel: Die Hausgemeinschaft spricht mitein- ander. Denn oftmals entpuppt sich der wortkarge junge Mann aus der Nachbarwohnung plötzlich als netter Kerl, der gern bereit ist, seine Musik während der Mittagsruhe leiser zu dre- hen, wenn man ihn darum bittet. Und auch die Familie, die den Müll nie rich- tig trennt, freut sich plötzlich über den neuen Kontakt und ist dankbar, wenn man ihr hilft, die örtlichen Gepflogen- heiten zu verstehen. Ein solches Aufeinander-Zugehen ist nicht immer ganz einfach. Wir haben die wichtigsten Tipps für Sie zusam- mengefasst, damit ein klärendes Ge- spräch seinen Namen auch verdient. Tipp 1: Nie im Zorn sprechen Wer wutentbrannt an der Nachbartür klingelt, sollte sich nicht wundern, wenn das „Gespräch“ wenig zur Klärung beiträgt. Atmen Sie lieber tief durch, notieren Sie sich ggf. den Grund für Ihren Ärger und sprechen Sie Ihren Nachbarn am nächsten Tag darauf an. Dann haben beide mehr Abstand zu dem Sachverhalt und können lösungsorientierter miteinander sprechen. Tipp 2: In den Gesprächspartner hineinversetzen Ein altes Indianersprichwort lautet: „Urteile nur über jemanden, dessen Mokassins du einen Mond lang getragen hast“. Eine alleinerziehende Mutter mit drei kleinen Kindern und einem Teilzeitjob im Schichtbetrieb kann sich nicht mit derselben Sorgfalt um ein geputztes Treppenhaus kümmern, wie dies vielleicht ein Rentner kann. Haben Sie Verständnis für die Lage des anderen, dann wird er auch Ihnen Verständnis entgegenbringen. Tipp 3: Kritik nicht persönlich nehmen Konstruktive Kritik anzunehmen, ist eine hohe Kunst. Gerade verunsicherte Men- schen fühlen sich schnell angegriffen und wechseln automatisch in eine aggres- sive Verteidigungshaltung. Versuchen Sie, die geäußerte Kritik immer an einem Sachverhalt festzumachen und nicht an Ihrer Person. Tipp 4: Ansprechen, nicht angreifen Wenn Sie Ihren Nachbarn zu einer Verhaltensänderung bewegen wollen, sprechen Sie immer über sich und Ihr Empfinden. Anstatt zu sagen: „Sie drehen Ihre Musik immer zu laut auf, das muss aufhören“, sagen Sie besser: „Ich kann abends nicht schlafen, denn ich höre Ihre Musik durch die Wand.“ Der Angesprochene muss sich dann nicht rechtfertigen, sondern kann seinerseits zur Lösung beitragen. Tipp 5: Auch das Gute betonen Wer nur mit seinen Nachbarn spricht, wenn er sich beschweren will, trägt we- nig zu einer funktionierenden Hausgemeinschaft bei. Heißen Sie neue Nachbarn willkommen, sprechen Sie Positives an oder bedanken Sie sich für Kleinigkeiten. Wer als sympathischer Nachbar wahrgenommen wird, kann im Fall der Fälle auch einfacher Probleme ansprechen.